Ein feste Burg ... - Predigt von Pastor Michael Ebener mit Psalm 46 vom 6. März 2022

Die Weise "Junge Frauen" ist verstummt. Wenn wir von Gott singen, der "ein feste Burg" ist und "den Kriegen steuert", dann tun wir das in gebrochener Sprache. Gott stärkt den inneren Menschen, und das stärkt den äußeren Menschen.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.


1.
Kriegsgeschrei und Kampfgesang.
Das Lutherlied:
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Und im Radio Friedenslieder:
Give Peace a Chance.

Wie mag sie wohl klingen –
die Weise „Junge Frauen“?

Psalm 46 aus der Bibel –
ein Lied der Korachiter,
vorzusingen, nach der Weise »Junge Frauen«
:
GOtt ist unsre Zuversicht und Stärke,
eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.
Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge
und die Berge mitten ins Meer sänken,
wenngleich das Meer wütete und wallte
und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. SELA.

Dennoch soll die Stadt GOttes fein lustig bleiben
mit ihren Brünnlein,
da die heiligen Wohnungen des HÖCHSTEN sind.
GOtt ist bei ihr drinnen, darum wird sie fest bleiben;
GOtt hilft ihr früh am Morgen.
Die Völker müssen verzagen und die Königreiche fallen,
das Erdreich muss vergehen, wenn ER sich hören lässt.
Der HERR ZEBAOTH ist mit uns,
der GOtt Jakobs ist unser Schutz. SELA.

Kommt her und schauet die Werke des HERRN,
der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet,
der den Kriegen ein Ende macht in aller Welt,
der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt
und Wagen mit Feuer verbrennt.
Seid stille und erkennet, dass ICH GOtt bin!
ICH will mich erheben unter den Völkern,
ICH will mich erheben auf Erden.
Der HERR ZEBAOTH ist mit uns,
der GOtt Jakobs ist unser Schutz. SELA.


2.
Kriegsgeschrei und Kampfgesang.
Das Lutherlied und Friedenslieder.
Wie mag sie klingen –
die Weise „Junge Frauen“?

Bis vor kurzem sind es fast ausschließlich junge Frauen,
die wir sehen, jeden Abend, jeden Tag.
Vor ein paar Tagen standen sie in voller Blüte.
Manche sehen immer noch aus,
als kämen sie gerade von der Arbeit,
aus dem Café oder vom Einkaufen.
Die Haare hochgebunden, die Nägel lackiert.
Fast alle sprechen Englisch.
Nun sind ihre Augen ausgeweint
und sie klagen uns an.
Sie kauern in U-Bahnschächten oder harren aus in Kellern
unter zerschossenen Häusern und Leben.
Wenn sie können, fliehen sie.
Ihre Kinder haben sie dabei –
Viele Kinder, so viele Kinder sind dabei!
sonst haben sie nichts mehr,
nur Tränen und Schmerz.
Und Angst um die Männer und Väter, die bleiben.
Sie singen nicht, sie klatschen nicht, sie tanzen keine Reigen.
Die Weise „Junge Frauen“ ist verstummt:
GOtt hilft ihr früh am Morgen.
Die Völker müssen verzagen und die Königreiche fallen,
das Erdreich muss vergehen, wenn ER sich hören lässt.

Wo bist DU, Gott?
Warum lässt DU Putin und seine Armeen gewähren?
Warum müssen so viele Unschuldige leiden –
nicht nur junge Frauen mit ihren Kindern,
ein ganzes Volk und Soldaten auf beiden Seiten?

Die Fragen stellen sich drängender als unter Corona.
Und sie stellen sich nicht nur angesichts dieses Krieges.
Auch in Aleppo, in Homs und anderen Städten Syriens
waren es russische Kampfjets,
die blühende Städte in Schutt und Asche gebombt haben.
Wird es Charkiw, Lwiw, Kiew, Mariupol ebenso ergehen –
und wir schauen der Zerstörung zu,
die sich nur zwei Flugstunden entfernt abspielt?

Und GOtt schaut der Zerstörung zu?

Kriegsgeschrei und Kampfgesang.
Das Lutherlied:
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Und im Radio Friedenslieder:
Give Peace a Chance.

Wo bist DU, GOtt,
der doch auf Erden solch ein Zerstören anrichtet,
der den Kriegen ein Ende macht in aller Welt,
der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt
und Wagen mit Feuer verbrennt
?


3.
Die Frage nach GOtt und dem „Warum“ in Kriegen und Katastrophen
stellt sich nicht am Schreibtisch
oder am Sonntagmorgen im warmen Gotteshaus.
Sie stellt sich gar nicht,
sondern sie bricht heraus aus denen,
die in der Passion stehen –
die mit offenem Mund im Leid stehen.
Sie hat keine Form mehr, keine Worte –
sie ist ein unartikulierter Schrei.

Wo bist DU, GOtt? - - -
Das müssen wir dennoch fragen in der Kirche,
wo wir sonst singen und verkünden:
He’s got the whole world –
GOtt sitzt im Regimente und führet alles wohl.
eG 361, 7

Das stimmt aber nicht – zumindest nicht so.
Die Weise „Junge Frauen“ ist verstummt!
Es stimmt einfach nicht,
dass GOtt alles führet und dann auch noch wohl.
Zumindest nicht in der Weise,
dass wir GOtt nun fragen könnten:
Warum lässt DU Putin und seine Armeen gewähren –
warum müssen so viele
Unschuldige leiden?

Die Antwort auf diese Fragen ist schrecklich einfach
und einfach schrecklich:
Nicht GOtt führt Kriege, Menschen führen Kriege!
Und wie sich der Mensch fürs Gute entscheiden kann,
kann er das auch fürs Böse.
Und dann setzen sich die Armeen in Bewegung
und dann fliegen die Raketen.
und dann schlagen sie ein und treffen Schuldige und Unschuldige –
und wenn es sein soll, auch ein Atomkraftwerk.

Nicht GOtt wird Putin in den Arm fallen,
Menschen werden und müssen das tun.
Wir können nur inständig hoffen und beten,
dass sich seine Höllenmaschinerie
aus Propaganda, Gefügigkeit und vielen Waffen totläuft.
Und zwar schon am entschlossenen Widerstand der Ukrainer,
bevor weitere Staaten sich einer responsibilty to protect R2P
einer Schutzverantwortung vor Menschenrechtsverletzungen
und Brüchen des humanitären Völkerrechts

nicht mehr entziehen können
und ebenfalls Kampfjets in den Luftraum schicken.

Wenn wir also von GOtt singen,
der ein feste Burg ist,
und wenn wir zu GOtt beten,
der den Kriegen steuert in aller Welt,
dann lasst es uns im Bewusstsein einer gebrochenen Sprache tun,
weil die Weise „Junge Frauen“ im Krieg längst verstummt ist
und wir dennoch Worte nutzen müssen,
um das Unfassbare und Unsagbare auszudrücken!

GOtt „macht und tut“ nicht -
zumindest nicht so, wie wir „machen und tun“:
ER zerbricht keine Bogen, zerschlägt keine Spieße
und verbrennt
keine Wagen mit Feuer.
Das werden und müssen Menschen tun.

Aber GOtt ist und wirkt


4.
GOtt ist unsre Zuversicht und Stärke,
eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.
Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge
und die Berge mitten ins Meer sänken,
wenngleich das Meer wütete und wallte
und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

GOtt ist
ER ist im Leben und ER ist im Sterben.
ER ist und wirkt in den U-Bahnschächten, in den Kellern,
auf der Flucht und in den Herzen und verweinten Augen,
in Frauen und Kindern und den Männern, in Alten und Jungen.
ER ist in allen Kreuzen an den Wegen.
ER ist in den Kriegen und in den Katastrophen –
in allen Passionen,
die wir durchleiden und durchleben.
GOtt stärkt den inneren Menschen,
und das stärkt den äußeren Menschen.

Wir haben der Furcht nichts anderes entgegen zu setzen,
als eben diese Zuversicht und Stärke:
Den Frieden lasse ich Euch,
MEINEN Frieden gebe ich Euch.
Nicht gebe ICH Euch,
wie die Welt gibt

gebrochene Sprache auch von DEM,
der am Kreuz gebrochen ist:
MEINEN Frieden gebe ich Euch.
Euer Herz erschrecke nicht
und fürchte sich nicht.
Joh 14, 27

GOtt stärkt den inneren Menschen,
und das stärkt den äußeren Menschen
in den U-Bahnschächten und den Kellern, die noch da sind,
an den Panzersperren und im Widerstand.
Und auch hier – im noch Warmen.
Es wird uns zuwachsen,
was zu tun ist.
Amen.

 

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