Er kann nicht gewinnen - Zeitungsandacht vom 5. März 2022

Von Pastor Michael Ebener

Das ist David gegen Goliat: Ein wortgewandter Hirtenjunge im Armee-T-Shirt und mit Steinschleuder gegen eine stahlbewehrte Kriegsmaschine von 60 Kilometern Länge. Was dem Hirtenjungen an Waffen fehlt, hat er an Herz. Er stellt sich dem Riesen, sammelt ein paar Kieselsteine und wirbelt seine Schleuder. Der Stein trifft Goliat an der Stirn und der Kampfkoloss sackt auf die Knie. David ergreift das Schwert des Riesen und schlägt ihm den Kopf ab. Der Krieg ist vorbei. Aber Davids Leute jagen den fliehenden Feinden nach und richten ein Gemetzel an. Wenn das Töten beginnt, hört es nur langsam auf.

So erzählt es die Bibel in der berühmten Geschichte, die zum Sprichwort wurde: David gegen Goliat, klein gegen groß, hochgerüstet gegen kaum wehrhaft. Verteidiger gegen Aggressor. Und David gewinnt. Das ist nicht immer so. Aber „Gewinnen“ ist sowieso eine Kategorie, die im Krieg nicht gilt. Krieg kann niemand gewinnen, selbst die nicht, die sich verteidigen, denn der Preis ist immer Leid und Blut. Putin wird diesen Krieg trotzdem verlieren, weil er nur gekränkten Stolz, Lügen und Größenwahn hat. Er hat keine lebensförderliche Vision davon, wie es weitergehen könnte nach dem, was er vielleicht für einen Sieg hielte. So oder so wird er allein sein. Wir aber haben wieder eine Vision. Wie ein Stromschlag ist sie uns in die Glieder gefahren durch den mutigen Widerstand von David Wolodymyr Selenskyj und den Menschen der Ukraine. Sie umfasst das Leben in Freiheit und friedlicher Nachbarschaft. Das Selbstbestimmungsrecht von Völkern und Einzelnen. Regelbasierte Konfliktlösungen und eine wehrhafte Demokratie. Ein weltoffenes, konsensorientiertes Miteinander.

Die Menschen, die in der Ukraine ausharren, kämpfen auch für uns gegen den immergleichen Goliat. In der Zeitenwende können wir sie als Kirche und Christen unter anderem dadurch unterstützen, dass auch wir uns ein Herz fassen und dem folgen, was der Monatsspruch für den März 2022 uns aufträgt: „Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für die Heiligen.“ (Epheser 6,18)

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