The Lady with the Lamp - Predigt von Pastor Michael Ebener mit Matthäus 5,16 vom 20. Februar 2022

Krieg auf der Krim. Und Russland in unseliger Mission. Hatten wir schon ... Was Florence Nightingale lehrt.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

1.
Krieg auf der Krim.
Und Russland in unseliger Mission.
Hatten wir schon …

Unfassbar,
wenn Putin einen Krieg anfinge,
der zum Inferno würde!
Selbst wenn es nicht zum Schlimmsten kommt –
der direkten militärischen Konfrontation
zwischen Russland und NATO
–,
wären die Folgen gravierend:
mental, wirtschaftlich und militärisch.
Dann steht ein neues Wettrüsten bevor.
Da feilschen wir nicht mehr um 2% vom Bruttosozialprodukt.
Und wir dachten,
das läge so weit hinter uns …

Es ist wie im Hinterhof oder im Sandkasten:
Da faselt einer von Respekt –
Vielleicht hat es wirklich an Respekt gefehlt!
und will doch nur ausprobieren,
ob er sich alles erlauben kann –
ob die anderen wirklich so schwach und zerflettert sind –
Auch durch die Pandemie! –,
dass sie sich nicht wehren können.

Ums Eck lauert Xi Jinping:
Das ist ein guter Test für Taiwan!
Ist der Westen wirklich uneins, naiv und tatterig
USA und Europa in zwei Hemisphären gespalten,
die NATO klinisch tot und obsolet?
Soll der Bär vortanzen,
dann wird der Drache fliegen …

Wir haben keine „Ukraine-Krise“ –
wir haben auch keine „Russland-Krise“:
Wir haben eine „Putin-Krise“!
Und das ist ziemlich erstaunlich.
Und erbärmlich ist es auch,
dass ein einzelner Mensch so viel Macht hat,
dass er über das Schicksal von Millionen entscheidet.
Aber so war’s schon immer:
Wir erzählen uns Geschichte
als Heldenbewegungen von Massenmördern.

Frag’ Menschen wie Du und ich,
frag sie in Moskau, jeder anderen beliebigen Stadt,
ob sie irgendwo auf der Welt Krieg wollen –
frag’ die armen Teufel in ihren Panzern,
an den Geschützen im Grenzland zur Ukraine,
ob sie töten wollen und getötet werden:
Kein Mensch will Krieg –
Krieg ist ein Dreck!

Krieg auf der Krim.
Und Russland in unseliger Mission.
Hatten wir schon …
Aber das sollen alle wissen,
die Kriege entfachen auf der Krim, in der Ukraine,
wo immer auf der Welt:
Wir pfeifen auf Heldenbewegungen von Massenmördern –
sie zerfallen zu Staub, ihr Andenken ehrt niemand!
Wir ehren und achten aber diejenigen,
die ihr Licht leuchten lassen vor den Leuten,
damit
wir ihre guten Werke sehen
und
unseren Vater im Himmel preisen.


2.
„Während wir langsam vorübergingen,
herrschte tiefe Stille,
ganz selten nur drang ein Stöhnen oder ein Schmerzenslaut
aus dieser Masse schwerleidender Menschen an unser Ohr.
Miss Nightingale trug ihre Laterne,
die sie niederzusetzen pflegte,
ehe sie sich über einen der Kranken beugte“

so erinnert sich eine junge Krankenschwester
an ihre erste Nachtwache in Scutari mit jener Frau,
die das Kriegslazarett neu erfunden
und die Krankenpflege insgesamt revolutioniert hat.

Die Lady with the Lamp,
die Dame mit der Lampe heißt Florence Nightingale.

Schon zu Lebzeiten, geboren 1820, gestorben 1910,
ist die Britin eine Legende in Hagiographie und Folklore,
in Dichtungen besungen, auf der Bühne dargestellt
und von Queen Victoria mit höchsten Ehren ausgezeichnet.
Sie inspiriert Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes,
und ohne sie gäbe es das moderne Krankenhaus nicht.
Dabei ist ihre grundlegende Erkenntnis denkbar einfach und aktuell:
„Die wichtigste Anforderung an ein Krankenhaus ist,
dass es den Kranken nicht schadet.“

Wie man solch ein Krankenhaus organisiert,
welche Maßnahmen dafür notwendig sind
an Versorgung, Pflege und Hygiene, an Ausbildung der Pflegekräfte –
darüber hat Florence Nightingale ihr Leben lang nachgedacht.
Sie hat viel darüber geschrieben und sie hat es die Welt gelehrt.
Der 12. Mai, ihr Geburtstag, ist „Tag der Pflege“ –
Applaus, Applaus

Die Nightingales sind eine wohlhabende Familie.
Florence ist hochgebildet und schon in jungen Jahren weitgereist.
Sie ist das, was man eine „gute Partie“ nennt.
Aber sie besucht lieber die Kranken im Dorf.
Im Januar 1837 befällt eine Grippe-Epidemie den Süden Englands.
Florence ist eine der wenigen, die gesund bleiben.
Wochenlang kümmert sie sich um die Erkrankten,
handelt dabei wie eine „Krankenschwester, Gouvernante,
Hilfspfarrerin und Ärztin“
.
Und dann hat sie ein religiöses Erweckungserlebnis:
„GOtt sprach zu mir und rief mich in seinen Dienst“,
notiert sie als Siebzehnjährige in ihr Tagebuch.
Sie versteht diesen Dienst als Ruf in die Krankenpflege.
Diesen Berufswunsch muss sich dann jahrzehntelang erkämpfen.

Krankenschwestern haben keinen Status,
gelten als inkompetent, korrupt und oft alkoholabhängig.
Florence lässt aber nicht locker,
professionalisiert ihre Begabung und ihre Kenntnisse.
Ihre Eltern lassen sie reisen
und in ganz Europa lernt sie nun verschiedene Krankenhäuser kennen,
besucht auch die Kaiserswerther Diakonissinnen der Inneren Mission
und lernt dort Medikamentenkunde, die Versorgung von Wunden,
begleitet Sterbende und assistiert bei Operationen.
„Jetzt weiß ich, was es heißt, das Leben zu lieben“,
schreibt sie den Eltern.
Und obwohl sie die hygienischen Zustände „fürchterlich“ findet,
beindruckt sie der Ton, der in den Anstalten herrscht:
„GOtt weiß, dass ich keinen Himmel danach erwarte,
sondern dass ER mich dort oben an einen Ort wie Kaiserswerth setzt,
wo ich meine Arbeit und meine Erlösung durch meine Arbeit finde“
,
vertraut sie dem Tagebuch an.
Endlich geben die Eltern dem Lebenstraum der Tochter nach.
Ab 1853 leitet sie ein Londoner „Pflegeheim für vornehme Damen“.

Im Sommer 1854 tritt Großbritannien in den Krimkrieg ein.
Wie gesagt: Hatten wir schon …
Es geht dabei um Gebietserweiterungen Russlands
auf Kosten des geschwächten Osmanischen Reiches.
Dies wollen die westeuropäischen Mächte
Frankreich, Großbritannien und Sardinien-Piemont verhindern.
Der Krimkrieg gilt als erster „moderner“ Krieg –
es kommt zu Stellungs- und zu Grabenkämpfen.
Dieser „Krieg der Maschinen“ ist hochverlustreich,
aber viele Opfer sterben jenseits des Schlachtfelds
an Hunger und Durst, an Seuchen wie Ruhr und Cholera
und infolge unsachgemäßer Wundbehandlung.

Auf Bitten eines Freundes in hoher politischer Position
reist Nightingale mit knapp vierzig,
von ihr selbst ausgewählten Schwestern nach Konstantinopel.
Das Lazarett der Briten befindet sich in Scutari,
auf der der Krim gegenüberliegenden Seites des Schwarzen Meeres
in einem Stadtteil des heutigen Istanbul.
Scutari ist ein furchtbarer Ort,
an dem die Verwundeten sterben oder noch kränker werden.
„Nichts lässt sich mit diesem Ort vergleichen“, befindet Nightingale:
Abwasser, Ratten, Dreck, chronischer Mangel
an grundlegenden Versorgungsmitteln
wie Verbandszeug, saubere Laken und Medikamente,
dazu die Borniertheit der Offiziere und Ärzte,
die den Frauen mit Misstrauen begegnen
und regelmäßige Mahlzeiten für „absurden Luxus“ halten,
geschweige denn auf gründliche Reinigung der Wäsche
und Bekleidung der Soldaten achten,
die direkt vom Schlachtfeld ins Lazarett transportiert werden.

Nightingale ist in den folgenden Monaten
nicht nur mit Lampe und unendlichem Einsatz in der Pflege tätig,
als begabte Statistikerin erfasst sie die Sterbezahlen in Diagrammen,
die unwiderlegbar die wahren Ursachen all der Verluste aufzeigen
und der Militärführung die Augen öffnen.
Nach einem halben Jahr haben Nightingale und ihre Schwestern
in Scutari einigermaßen annehmbare Bedingungen geschaffen.

Schwer fieberkrank kehrt sie 1856 aus dem Krimkrieg zurück.
Nightingale wird den Rest ihres Lebens als Invalidin verbringen –
sie wird nie wieder mit eine Lampe durch die Bettenreihen gehen.
Aber aus den Erfahrungen im Krimkrieg
wird sie denkend, leitend und vor allem schreibend,
ein wirksames Hygienekonzept für Krankenhäuser entwickeln
und über die „Nightingale School of Nursing“
die Ausbildung von Krankenschwestern auf eine andere Stufe heben:
„Krankenpflege ist keine Ferienarbeit.
Sie ist eine Kunst und fordert, wenn sie Kunst werden soll,
eine ebenso große Hingabe, eine ebenso große Vorbereitung
wie das Werk eines Malers oder Bildhauers.
Denn was bedeutet die Arbeit an toter Leinwand oder kaltem Marmor
im Vergleich zu der am lebendigen Körper,
am Tempel für den Geist GOttes?“


3.
JESUS sagt:
Lasst Euer Licht leuchten vor den Leuten,
damit sie Eure guten Werke sehen
und Euren Vater im Himmel preisen.
Matthäus 5, 16

Die Heldenbewegungen von Massenmördern,
die Machtinteressen von Staatenlenkern,
haben die Menschheit immer wieder in den Dreck geführt,
zu Abwasser und Ratten und Mangel an allem,
vor allem Barmherzigkeit.
Ohne die Lampen von Florence Nightingale und ihren Schwestern
sähe die Welt noch dunkler aus!

Ist das ein „Männerding“,
so wie Putins Machtspiele ein „Männerding“ sind?
Würde es uns ebenso ergehen,
wenn Frauen das Sagen hätten
in Russland, Syrien, dem Jemen, der Türkei, Nordkorea und China
und in vielen anderen Ländern –
Johnson ist immer noch im Amt und Trump scharrt mit den Hufen! –,
wenn Männer und Frauen zu gleichen Teilen
über das Schicksal des Planeten entscheiden würden?

Florence Nightingale taugt nicht als Zeugin eines frühen Feminismus.
Dass Frauen Ärztinnen werden, hat sie lange abgelehnt.
Aber zum Ende ihres langen Lebens sind es doch zwei Medizinerinnen,
die sich um sie kümmern ...
Die Lampe aber, die sie an die Krim getragen hat –
das kleine Licht der Menschlichkeit im Dunkel des Krieges
muss uns heller scheinen als alle Angst, alles Säbelrasseln.

Florence Nightingale ist von GOtt in SEINEN Dienst gerufen worden.
Und in solchem Dienst,
egal, wie wir den Ruf GOttes an uns auf Erden füllen,
leuchtet niemals nur das eigene Licht.
Durch jedes gute Werk:
Nächstenliebe, Krankenpflege, Aufbauhilfe,
fünftausend Helme, Gespräche, Augenhöhe, Kompromisse –
durch jedes gute Werk, das einen Krieg verhindert
und vom HEILIGEN GEIST inspiriert
und am Vorbild JESU orientiert ist,
preisen
wir den VATER im Himmel,
der
- - - die auch die MUTTER aller Menschen ist
und ihre Kinder liebt.
In Russland und der Ukraine,
im Osten und Westen, im Süden und Norden ...
Amen.

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