Viktoria! - Osterpredigt von Pastor Michael Ebener mit Matthäus 28, 2 vom 17. April 2022

Ostern ist kein Kinkerlitzchen: Nur ein Engel kann den Stein vom Hauseort der Toten wälzen!

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

1.
Ostern ist der Anfang von allem – ohne Ostern wäre nichts: keine Hoffnung darauf, dass das Leben, dass das Gute siegt!

Wie sollten wir leben ohne Ostern – wie sollten wir am Glauben bleiben an einen GOtt, der mitgeht dorthin, wo es dunkel ist in uns und um uns, der die Finsternis kennt und durchleidet, aber ihr endgültiges Recht bestreitet, der Steine wegrollt und zerbricht und das Leben ins Helle zurückführt aus allen Grabeshöhlen?

Plötzlich fing die Erde an,
heftig zu beben.
Ein Engel des HERRn war vom Himmel herabgekommen
und zum Grab getreten.
Er wälzte den Stein weg
und setzte sich darauf.
Matthäus 28, 2 - NGÜ

Ostern ist kein Kinkerlitzchen – es ist der robuste Einbruch der Wirklichkeit GOttes in das, was wir für unabänderlich halten: Da schallen die Posaunen, da fallen die Mauern, da brechen die Steine, da bebt die Erde, da kommt der Engel vom Himmel herab und wälzt den Stein vom Grab – und setzt sich oben darauf.
Wahrscheinlich schwingt er ein Fähnlein dazu: Viktoria – über Weizengold prangt Himmelblau!


2.
Es gab Jahre, da haben wir von Ostern anders gesprochen – da reichte beinahe ein Osterspaziergang, um das Wunder zu spüren und erneut zu glauben:
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück. ...
Hier bin ich Mensch, hier darfs ich sein!
J. W. Goethe, Osterspaziergang

In diesem Frühling, an diesem Osterfest, wird Menschsein massiv bestritten – Menschsein wird ausgelöscht mit brutaler militärischer Gewalt. Das war auch in den anderen Jahren so, aber uns nicht so nah – GOtt sei geklagt die selektive menschliche Wahrnehmung und dies gestauchte Mitgefühl!
Das Steinige, das Harte und Unverrückbare der Grabeshöhle ist uns deshalb dieses Ostern so viel näher, als der frühlingszarte Garten drum herum in den vergangenen Jahren.

Vor wenigen Tagen saß ich mit unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden auf der Nordseeinsel Sylt unter einem knapp vier Meter hohen geschlossenen Erdhügel in einem fünftausendzweihundertjahrealten Megalithgrab aus der Jungsteinzeit – dem Denghoog.
Mannshohe Findlinge mit den Schleifspuren der letzten Eiszeit bilden eine Grabkammer von fünfzehn Quadratmetern Fläche – gut fünfundzwanzig Menschen passen da rein, wenn sie sich klein machen. Zwölf Tragsteine, drei Decksteine, zwölf Randsteine. In dieses Innere gelangt man durch einen schmalen Gang – ein umgekehrter Geburtskanal – von sechs Metern Länge, den man nur kriechend bewältigen kann. Heutzutage führt zusätzlich eine Leiter durch ein Oberlicht hinunter in die Kammer, die aber immer noch deutlich bewahrt, wofür die Anlage einst gemacht war: ein ewiger Hauseort der Toten, in den keine Luft und kein Licht mehr dringt. Kein Wunder, dass es einigen von uns sehr eng wurde …

Mit was wir es zu Ostern zu tun, wird im Denghoog deutlich – wie gewaltig die Anstrengung sein muss, um aus so etwas, solch einem Hauseort der Toten, wieder heil hinaus zu kommen. Ostern ist kein Kinkerlitzchen! Solche Steine sind es, die der Engel wegwegwälzt. Und setzt sich oben darauf, schwingt ein Fähnlein Viktoria: über Weizengold prangt Himmelblau!
Und wenn wir angesichts all dessen sagen: So etwas ist unvorstellbar, das schafft kein Mensch! dann ist diese Haltung genau richtig: Ein Engel wälzt solche Steine weg – nicht wir!


3.
Den Tod und das Böse besiegen wir nicht – nicht ohne Ostern, nicht ohne GOtt und SEINE Engel, nicht ohne CHRISTUS, der am dritten Tag aufsteht aus der Grabeshöhle, den Seinen vorangeht nach Galiläa und immer weiter – jeden Tag, bis zum Ende der Welt: „Habt keine Angst!“

Wir können uns noch so tapfer gegen den Tod und das Böse wehren; wir können uns noch so wappnen, mit leichten und mit schweren Waffen; wir können auf mächtige Koalitionen vertrauen, auf schärfste Sanktionen oder sogar die ganze Welt in die Schlacht führen – immer wird alles, was dann errungen ist an Freiheit, Frieden, Sicherheit nur vorläufig sein. Und wir werden uns schuldig dabei machen, ob wir dem Rad nun in die Speichen fallen oder es ungebremst laufen lassen. Der eigenen Gewissensentscheidung bleibt nichts erspart. Und das bisschen, was wir mit unseren begrenzten menschlichen Möglichkeiten an Friede auf Erden schaffen können, ist dennoch schon unendlich viel im Vergleich zu dem, was wir mit unseren unbegrenzten menschlichen Möglichkeiten an Unfrieden auf Erden anrichten können.

JESUS hat so oft die Steine von Herzen gebrochen und ER hat Wege des Friedens aufgezeigt, die wir uns zuallermeist aber nicht zu gehen wagen. Wir sehen ja, wohin IHN das führt und was ihn das kostet: SEIN irdischer Weg endet am Kreuz – der Tod und das Böse triumphieren! Mit einem großen Stein, den kein Mensch heben kann, wird SEIN Grab verschlossen: ein Hauseort der Toten.
Ohne Ostern wäre nichts: keine Hoffnung darauf, dass das Leben, dass das Gute siegt. Aber ein Engel des HERRn war vom Himmel herabgekommen – oder was und wie auch immer, den genauen Vorgang beschreibt uns niemand. Nur dies: Ostern ist kein Kinkerlitzchen – da fallen die Mauern, da brechen die Steine!
Und erst dann bin ich wirklich Mensch, hier darf ichs sein, weil ich nicht mehr tun muss, was ich nicht tun kann, sondern GOtt die Ehre gebe, der kann, was ich, was wir nicht können: den Tod und das Böse besiegen.

CHRISTUS ist auferstanden und sitzt neben dem Engel auf dem Stein vor dem Grab. Die Sonne geht gerade auf und es wird nie mehr vollends finster sein.
Halleluja!

Zurück